EuropaReisen mit KindReisen mit Nina F.Reisetagebuch

Was ist eigentlich ein Rainbow-Gathering?

Nina F.16 comments25581 views
Rainbow Gathering

Ein Beitrag von Nina F.

Was ist eigentlich ein Rainbow-Gathering? Love, peace and harmony und eine Horde kiffernder Hippies? Mondanbeter, Kartenleger und Straßenkünstler? Nackte, Veganer und Aussteiger? Um dir einmal einen Einblick in die Welt der Gatherer zu geben, erzählt Nina F., die selbst schon zwei dieser Veranstaltungen besucht hat, von ihren Erfahrungen und klärt über Fakten auf.

Mit Mayla vor dem Bauch klettere ich den Berg hinauf. Etwa 45 Minuten bin ich schon unterwegs und steige auf und wieder herunter. Maylas Kinderwagen habe ich dort gelassen, wo die Straße aufhörte und der Abstieg anfing – 4 andere Kinderwagen zählte ich dort. Zu meiner linken tobt der atlantische Ozean, immer wieder rutsche ich auf dem steilen Sand- und Steinpfad aus, ich schwitze, versuche Mayla vor dem zerrenden Wind zu schützen.

Und auf einmal sehe ich es: vor mir tut sich ein Tal auf und ganz unten ist der Strand. Playa del Trigo, ein kleiner, versteckter Strand mit wildem Meer, an dem ein Rainbow-Gathering stattfindet.

Ein warmes Gefühl durchströmt mich, während ich einen Moment inne halte und die ameisenkleinen Menschen unter mir betrachte. Ich sehe Zelte, ich sehe Lagerfeuer, badende, singende, lachende, gemüseschnippelnde Menschen, kleine und große Gruppen und einzelne Menschen, Kinder im Bach spielen, Nackte, Angezogene,…. Ich kann es kaum erwarten, mein zweites Rainbow-Gathering.

Es kommen Menschen an und umarmen mich „Welcome home, sister!“, sagen sie.

Und Mayla, die noch ganz sauber und zivilisiert aussieht, bekommt von allen zu hören: „Na, du bist ja noch ein richtiges Babylon-Baby!“ (Babylon ist die „reale“ Welt, die außerhalb des Rainbows existiert)

Leute helfen mir, einen Zeltplatz zu finden, rollen Steine mit mir weg, passen auf Mayla auf, helfen mir beim Zeltaufbau. Ja, ich bin Zuhause.

Zu den Fakten:

Ein Rainbow-Gathering fand erstmals 1972 in den USA statt. Inzwischen gibt es sie weltweit: Es gibt Rainbow-Gatherings in einzelnen Ländern sowie europäische, internationale und euro-asische Gatherings. Zudem gibt es auch spezielle Rawfood-, Healing- und Silence-Gatherings.

Doch was ist denn eigentlich ein Rainbow-Gathering?

  • Die besten Worte, es zu beschreiben ist für mich eine Art Gemeinschaft auf Zeit. Oder ein Festival, auf dem es nicht primär um Musik sondern um Gemeinsamkeit und Liebe geht. Weitere Stichworte, die ein Gathering beschreiben: Familie, Liebe, Hippies, Vollmondfeiern, Lagerfeuer, veganes Essen, gemeinsames Kochen, Singen, Mantras, Meditation, Workshops, Umarmungen, Gemeinsamkeitsgefühl, Nächstenliebe, abseits der Zivilisation, in und mit der Natur leben, Trommel-kreise, Musik und Mithilfe.
  • Ein Gathering geht über einen Monat, gebunden an den Mond. Der Vollmond markiert den Höhepunkt eines Treffens, hier wird bis tief in die Nacht der Mond und das Leben zelebriert.
  • Rainbow-Gatherings haben keine offiziellen Organisatoren, sie sind hierarchielos und werden hauptsächlich über Mund-zu-Mund-Progaganda weitergegeben und bestehen jeweils aus zwischen 50 bis zehntausende von Menschen, die sich die Rainbow-Familie nennen. Jeder darf ein Rainbow-Gathering besuchen und ist somit ein Teil dieser Familie. Dreh- und Angelpunkt sind die gemeinsamen Essenszeiten, in denen alle Anwesenden erst in einem Kreis singen, dann essen. Finanziert wird alles durch einen „Magic-Hat“, mit dem jemand nach jeder Mahlzeit herumläuft – und in den jeder so viel Geld hinein tun kann, wie er geben mag oder hat.
  • Es wird gezeltet, in Höhlen/unter Tarps oder unter freiem Himmel geschlafen, Plastik, Elektronik und Drogen sind unerwünscht.

Sind Rainbow-Gatherings denn auch etwas für Kinder?

  • Ob ein drogen- und alkoholfreier Ort mitten in der Wildnis, an dem ein Haufen friedlicher Menschen jeden Alters – auch etliche Kinder – das Leben zelebrieren, ein passender Ort für Kinder sei? Aber natürlich!
  • Ich kann mir kaum einen passenderen Ort für Kinder vorstellen als einer, an dem sie frei sein dürfen.
  • Auf den größeren Gatherings gibt es extra Abschnitte, die für Familien gedacht sind und an denen es besonders ruhig zugeht.
  • Für Kinder steht immer Essen bereit, eigene Shit-Pits („Toiletten“,Löcher im Boden) und andere Aufmerksamkeiten.
  • Und Hilfsbereitschaft ist etwas, was die Regenbogen-Familie auszeichnet:Ständig bieten sich Schwestern und Brüder als Babysitter an, deinen Müll rauszutragen, dir Essen zu bringen, dich zu massieren, oder, oder, oder.
  • Um das zu verdeutlichen: Auf La Gomera waren außer mir noch etwa 10 andere Mütter, die alleine unterwegs waren, mit 1-3 Kindern jeglichen Alters.
  • Natürlich darf man auch einige Punkte nicht vergessen. Gatherings sind in der Natur. Das heißt, dass die nächste Straße eine 1-Stunden-Wanderung entfernt sein kann. Funkloch. All das Baby- oder Kinderequipment von zu Hause fällt weg.
  • Es gibt ein hohes Risiko an Ansteckungsgefahr – Durchfall- und Magen-Darm-Erkrankungen sind leider häufig – besonders bei den Kindern.
  • Auch muss man bedenken, dass Gatherings mehr oder weniger gut organisiert sein können. Selbst etwas zu essen mitzunehmen ist also absolut empfehlenswert!

Und dann gibt es noch die vielen Vorurteile. Rainbow-Gatherings sind wie Sektentreffen, auf denen getrunken und gekifft wird sowie andere Drogen eingenommen werden.

  • Ebenso wie in „Babylon“ trifft man eine große Anzahl von Menschen auf einem Rainbow-Gathering. Künstler, Arbeiter, Familien, Einzelgänger, Aussteiger. Für manche ist ein Gathering ein Urlaub von der Arbeit, von der Welt da draußen. Andere Menschen sind der Gesellschaft fremd geworden, sie leben als Aussiedler oder tingeln von Rainbow-Gathering zu Rainbow-Gathering. Es gibt Leute, die der Realität und der Menschheit so fern scheinen, dass es schwer fällt, sie zu begreifen. Es gibt Christen, Atheisten, Buddhisten, spirituelle Personen. Es gibt Menschen, die Drogen konsumieren. Ganz genauso wie überall auf der Welt.
  • Generell sind Gatherings allerdings drogenfrei. Rauchen, kiffen, trinken – das sollte eigentlich gar nicht und erst recht nicht in der Öffentlichkeit geschehen.

Die zwei Gatherings, die ich bisher besuchte, waren sehr unterschiedlich. Andere Leute berichteten von Gatherings, die nochmal ganz anders waren. Damit will ich sagen: Verschiedene Orte, etliche Individuen, unterschiedliche Geschichten und Umstände ergeben ganz individuelle Gatherings.

Was allerdings universell ist:

Die Liebe und dieses Zugehörigkeitsgefühl. Das Gefühl, „Zuhause“ zu sein.

When the earth is ravaged and the animals are dying,

a new tribe of people shall come unto the earth from many colors, classes, creeds

and who by their actions and deeds shall make the earth green again.

They will be known as the Warriors of the Rainbow
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Anbei verlinke ich ein Youtube Video, welches die Idee etwas bildlicher darstellt.

16 Comments

  1. Hey ihr beiden,
    ein echt gelungener Bericht. Ich wollte schon lange mal zu einem gathering und mir nicht wicher, was mich dort erwartet. Oft hat man doch das Bild der kiffenden Hippies im Kopf. Finde auch das Video, was ihr verlinkt habt wirklich sehr aussagekräftig.
    Kristof

    1. Hallo Line,
      ja, Nina hat mir von eurer Begegnung erzählt, als ich ihr euer Buch zum Lesen in die Hand drückte. Ein weiser Mensch hat mir mal gesagt, die Welt ist groß, aber rund und die Wahrscheinlichkeit, dass man sich über den Weg läuft oder wieder trifft, ist definitv gegeben.
      Lieben Gruß Steffi

  2. Danke für die Feedbacks! Ja, ein Gathering ist auf jeden Fall eine Erfahrung! Letzendlich ist es gut, ein wenig vorbereitet zu werden, aber Erfahrungen muss mal schon selbst machen….

  3. Ich weiß ziemlich sicher, dass das eher nicht für uns in Frage kommt aber ich finde den Beitrag toll und hab heute mal wieder was dazugelernt. Und man sieht einfach dass es soviele unterschiedliche Arten des Reisens gibt und das ist toll. Spannend finde ich die Begegnungen mit Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt. Top Beitrag. Gefällt mir

  4. Ich war mit meinem Sohn auch auf einem Rainbow-Gathering, ich fand es aber nicht so toll. Ich hatte viel Hunger, ausserdem kann man ja ein Kleinkind nicht unbedingt bei Fremden lassen, wenn es nicht will. Was ich damit sagen will: Wenn man als alleinerziehende dahin geht bleibt man doch alleinerziehend. So eine Gemeinschaft kann in so kurzer Zeit kein echtes Umfeld ersetzen. (Ich mein das wegen dem Fremdeln der Kleinkinder z.B.)
    Mein Sohn schlief auch nicht so gut und weinte viel. Ich war sehr müde.
    Es waren Leute da, die Psychedelische Drogen nahmen. Viele Leute und Kinder hatten Durchfall. Eine Frau meinte aber, es sei eine spirituele Reinigung. Na super…

    Leider hatten wir unseren Kocher nicht dabei. Doch auch wenn, wäre es durch die Lebensmittel sehr viel Gepäck geworden.

    Ich finde auch den Ausspruch welcome home nicht so toll.. Bin ich dann überall sonst nicht zu Hause? Und sind das echt meine Brüder und Schwestern? Ich kenn diese Leute ja gar nicht…

    Ich möchte vieles verändern. Doch irgendwie finde ich es eben doch ganz gut, wenn ich mein eigenes Essen habe, bzw kochen kann oder eben kaufen kann oder die lebensmittel kaufen kann und selber für mich etwas kochen darf (auch wenn ich dafür die gemeinschaftliche Feuerstelle nutzen würde… (Es gibt ja auch solche Festivals, an denen kann man Gemüse kaufen)

    Ich finde das alles zusammen machen und alle zusammen essen in einer Grossen gruppe einfach nicht so toll funktioniert. Und vor allem mit Kleinkind oder baby hat man seinen eigenen Rhytmus. Während des Stillens muss man auch viel Essen.
    Klar gibt es Childrens Kitchen, aber bei uns war es so, dass sich da nur die Eltern betätigten. Wir waren da auch viele Alleinerziehende. Wie hatten eh schon genug zu tun. besser wäre es gewesen, wenn sich noch andere Leute darum gekümmert hätten, die sonst fast nichts taten..

    Ja es gibt verschiedene Erfahrungen, aber letztendlich finde ich das Konzept irgendwie nicht so toll. Ich würde es anders machen. Mir sagte jemand: ja das machen die aber schon lange so. Ich finde auf jeden Fall, es hat viel zu viele Regeln und Verbote.
    Tja, vieles macht die Welt schon lange so, und es ist gar nicht toll.

    Ich weiss, dieser Beitrag ist schon älter, aber ich finds trotzdem toll meine Erfahrung hier zu teilen.
    Liebe grüsse
    zoraya

    1. Liebe Zoraya,
      hab vielen Dank für deinen kurzen Erfahrungsbericht. Am Ende ist es tatsächlich so wie Nina F. es in ihrem Beitrag geschrieben hat. Es gibt solche und solche Gatherings. Deine Erfahrung ist natürlich schon sehr extrem und da kann ich nur zu gut verstehen, dass du etwas anders über Gatherings denkst. Auch deine Denkansätze gefallen mir gut bezüglich des Hinterfragens. Grundsätzlich finde ich aber das Gefühl, alle seien Schwestern und Brüder toll. ich selbst war mal auf den Philippinen in einer kleinen Kommune, wo ich ein ähnliches Gefühl hatte. Ich selbst war bei noch keinem Gathering und bin offen neugierig auf meine Erfahrung.

  5. hallo zoraya

    Danke für deinen wertvollen erfahrungsbericht und die Wiederbelebung dieses Artikels.

    Ich kann viele deiner Punkte nachvollziehen,. In dem Artikel habe ich nur wenig persönliche Erfahrungen reingebracht, da dies den rahmen gesprengt hätte, und mich auf allgemeine tipps beschränkt, die häufig das benennen, was du beschreibst. wie zum beispiel das essen. ich würde mich als mutter auch nicht nur auf das essen der rainbowküche zu verlassen und immer genügend notnahrung dabei zu haben, wie ich das auch im artikel geschrieben habe. insgesamt würde ich aber nicht
    etwas an dem konzept der rainbowküche ändern wollen – für mich persönlich gibt es ein klares nein.diese ist für mich herzstück eines Gatherings und macht für mich einen großes teil des Gefühls der Gemeinschaft aus.Aus meiner sicht sind die gemeinsamen Mahlzeiten ganz fest mit dem ganzen prinzip verbunden. davon mal abgesehen ist es ja jedem frei gestellt, an den Mahlzeiten teilzunehmen oder für sich selbst zu kochen. es gibt da ja keinen zwang und einige menschen nehmen nciht an den gemeinsamen Mahlzeiten teil.
    und: Gerade als Schwangere und Stillende und mit Kleinkind hat man auch das Recht , sich immer an der Großküche zu bedienen!

    Das mit der hohen Infektionsgefahr habe ich auch erwähnt. Ja, das ist doof, stressig und kann ein Grund sein, nicht an einem Gathering teilnehmen zu wollen – aber wie vermeidbar?
    ob durchfall von bakterien oder viren verursacht wurden oder eine spirituelle reinigung sind – nun, jedem das seine.

    einen Punkt sprichst du an, den ich sehr wichtig finde und vermutlich im artikel hätte ansprechen sollen: Man kann innerhalb von so einer kurzen Zeit keine Vertrautheit der Menschen mit einem Kleinkind/Baby herstellen. Es gilt also, was ich in meinem Artikel über Festivals schon betont habe: Man ist und bleibt die (alleinerziehende) Hauptbezugsperson. Das habe ich auch als sehr belastend während des Gatheirngs mit Mayla empfunden.
    Ja- sich bei hitze, ohne elektronik und kühlschrank und stets zur verfügung stehendem essen um ein nörgeliges, müdes, krankes kleinkind zu kümmern,während andere leute gerade am meditieren, in talking circles oder am Yoga machen sind – das macht keinen Spaß. Die Hoffnung, viel Untersützung beim Betreuen zu bekommen, wird bei einem fremdelnden Kleinkind auch sehr schnell zunichte gemacht. Zudem der Personenkreis,mit dem man am ehesten zu tun hat, auch alleinerziehende Mütter sind, die den gleichen Stress haben. So meine Erfahrung.

    Was man tun kann, ist: auf sich aufmerksam machen. um hilfe bitten – sonst weiß auch keiner was los ist. und gerade auf einem gatheirng wird dir hilfe kaum ausgeschlagen werden. das kann sein, essen aus der nächsten stadt mitzubringen. gepäck zu tragen. klamotten zu waschen. essen zu kochen für die kinder. oder oder oder

    und zur not geht es immer: als ich auf dem gatheirng 1 tag komplett flach lag, musste ich notgedrungen mein baby in fremde hände abgeben, zu einer person, bei der ich ein gutes gefühl hatte. Mayla wurde bespaßt, betüdelt und mir immer gebracht, wnen sie unruhig wurde oder gestillt werden wollte. und es ging ihr dabei gut.

    so, nun ist meine antwort sehr ausführlich geworden. Danke, dass du Erinnerungen zurückgebracht hast! liebe grüße

  6. Hallo, ich habe zum ersten Mal von diesem Treffen gehört, da mein Sohn zur Zeit in Neuseeland unterwegs ist und ich ihn wegen der abgelegenen Lage nicht erreichen konnte bin ich froh und dankbar für diesen ausführlichen Bericht. Jetzt kann ich mir etwas mehr darunter vorstellen da man ja doch gewissen Vorurteile hat, ich selber kenne noch die Hippies auf Ibiza… LG Elke

  7. Das hatte ich auch nciht so extrem. Ich hätte mir etwas kaufen können, aber es gab auf dem Berg einfach nichts. Der Weg ins Dorf war ca. 5 km weit.

    Natürlich hatte ich meinen MSR-Benzinkocher bei. Und auch etwas zu essen. Niemanden hat das gestört, wenn ich mir zusätzlich Pasta machte oder einen Kaffee kochte.

    Die einzigen Regeln waren: Gewaltfreiheit, keine Drogen, nett sein.
    Die Regel keine Geschäfte zu betreiben bezog sich darauf, nichts zu verkaufen. Ich hatte das Gefühl, dabei ging es insbesondere um a) Drogen und b) um alle Büdchenbesitzer mit ihrem Tinnef abzuhalten sich dazuzustellen.
    Etwas im Laden einzukaufen war völlig OK, aber Essen war ausreichend vorhanden und eigentlich nicht notwendig was zu kaufen.

    Wenn eine Epidemie mit Durchfall grassiert, sollte man vielleicht das Weite suchen, insbesondere mit Kleinkindern.

    In so fern war dein Gaterhing eventuell nicht ganz der Durchschnitt. Tut mir Leid für deine Erfahrung.

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