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Ich schau mich nur um, wenn wir erinnern

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Ich schau mich nur um, wenn wir erinnern

Heute möchte ich mal etwas über Emotionen erzählen. Ja, Emotionen kennen wir alle und doch fällt es uns so schwer, damit umzugehen. Ich bin vor ein paar Tagen einem Menschen begegnet, der mir mal sehr nahe stand und weil unsere letzte Begegnung ohne Achtung vor dem anderen statt fand, brachten wir beide nicht mehr als ein nickendes Lächeln zustande, was eine freundliche Begrüßung ersetzen sollte. Aber dieser eine Moment hatte etwas magisches und ich spreche hier nicht von Liebe oder dergleichen, sondern das Gefühl, das man hat, wenn man eine gemeinsame Erinnerung teilt. In dieser Größenordnung ist mir das noch nie passiert, da war nur dieser kurze Blick, der ausreichte, um einen ganzen Film in mir abspielen zu lassen und es fühlte sich an als hätte mein Gegenüber das gleiche empfunden und ich frage mich, was passiert wäre, wenn wir gesprochen hätten, statt zu fühlen. Wenn wir den Moment zerredet hätten oder vielleicht einen kessen Spruch gebracht hätten? Hätten wir den Moment zerstört? Wären unsere Gedanken und Erinnerungen aus dem Fluss gekommen? Hätten wir vielleicht erneut die Achtung voreinander verloren? Was wären unsere Worte wert gewesen? Und ich erinnere mich plötzlich an eine Erfahrung des bewussten Schweigens, welches ich auf den Philippinen praktiziert habe. Und ich fühle den gleichen Gedankenfluss und spüre wie wichtig und durchdacht Worte manchmal sein sollten, weil sie einen Moment beschreiben sollen, den wir nur fühlen. Ich habe diese Erinnerungen, die ich mit diesen Menschen erlebt habe wieder so present im Kopf als wäre es grad erst passiert und ich merke, wenn ich verbal drüber spreche, verflüchtigt sich ein Teil von ihnen und an dieser Stelle frage ich mich, ob es nicht auch möglich ist, jede Erinnerung zu etwas ganz Besonderen zu machen, indem wir auf Worte verzichten, indem wir uns nur umschauen und uns erinnern. Auf Worte zu verzichten, bedeutet aber auch zeitgleich Gefühle und Gedanken nicht zu teilen und diese stattdessen wie ein gehütetes Geheimnis in uns zu verwahren, aber damit laufen wir auch wieder Gefahr, Klarheit zu verlieren. Und doch teilen und erleben wir etwas ganz Besonderes, nämlich genau so einen magischen Moment, den ich vor ein paar Tagen hatte. Ich möchte niemandem nahe legen, nicht mehr zu reden, aber wer kennt denn nicht dieses Gefühl, das uns überkommt, wenn wir einen Song, assoziiert mit einer schönen oder traurigen Erinnerung, hören und dieses ganz bestimmte Gefühl in uns hoch kommt und wir emotional berührt sind, wenn diese Freude oder auch Traurigkeit den Moment zerstören. Ich liebe diese Momente und habe rausgefunden, mit einer gehörigen Portion an Übung ist es möglich, gemeinsame Erinnerungen genau auf diese Art und Weise abzuspeichern und abzurufen.

Vergesst mal einen Augenblick die Worte, schluckt sie runter und lasst euch überraschen, was sie mit euch machen, wie sie in einem Meer aus Gedanken Bilder schaffen, die glücklich, freudig oder auch mal traurig und wütend machen und dann benutzt das erste Wort mit Bedacht und schaut, was es mit eurem Gegenüber anstellt. Diese kurzen emotionalen Weltreisen könnt ihr täglich erleben, schaut euch nur mal um und erinnert euch an einen Zeitpunkt, der euch berührt hat, verzichtet auf Worte und fühlt einfach nur.

Ich war bis zu dieser Begegnung immer sehr darauf bedacht, dass mein Sohn, seine Gefühle benennen soll, nun ändere ich meine Meinung und schlage ihn vor stattdessen inne zu halten und zu fühlen, wie es weiter geht.

Ob ich bei der nächsten Begegnung mit den Menschen, der mir so nahe stand, in der Lage sein werde, ein Wort zu finden, dass den Moment beschreibt, weiß ich nicht, aber ich nehme mir vor, meinem Gefühl zu folgen und im Zweifel, nur zu fühlen.

Stephi
Alleinerziehend.Reisesüchtig.Freiheitsliebend.Alternativ.

5 Comments

  1. Schöne Seite muss mich nur daran gewöhnen.Mach weiter so deine tipps sind mehr als sehr gut,so können viele Leute mit ihren Kleinkinder entspannter im Urlaub fahren wenn sie Deine Tipps beachten.Lieben gruss Mama

  2. Freue mich, wenn du dich an das Design gewöhnt hast. Das andere war halt eher privater, aber wer auf die schnelle Tips sucht, kann es hier besser navigieren und genau das finden, was er braucht.

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