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Freies Lernen bedeutet Toleranz

Stephi10 comments6512 views
Freies Lernen

Ein Beitrag über das Leben einer Freilernerfamilie

Freies Lernen, was bedeutet das und wie sieht so ein Alltag aus? Ich bin mit meinem Kind auf Langzeitreise und allzu oft werde ich gefragt, wie ich das denn mit der Bildung handhabe auf Reisen. Manchmal hagelt es gar Vorurteile, weil ich ihm Bildung und soziale Kontakte verwehren könnte. Seit vier Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Bildung und habe zu vielen Möglichkeiten auf unterschiedlichste Weise bereits Kontakt gehabt. Ich erziehe mein Kind frei und bin immer bemüht, seine natürliche Neugierde zu stillen, ohne ihm eine vorgefertigte Meinung aufzubrummen. Ob es für uns mal eine Schule geben wird, vielleicht Montessori oder eine freie Schule, ob es eine Regelschule gibt, Homeschooling oder gar freies Lernen auf Reisen, das steht für uns alles noch nicht fest, weil es am Ende nicht darum geht, was ich will sondern was für mein Sohn zählt. Ich weiß aktuell nur eins, jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt für ihn. Ich sehe mich auch in keinster Weise als Expertin auf diesem Gebiet, denn dazu fehlt mir schlicht weg die Erfahrung. Es gibt aber in meinem Kreis aus Familie, Freunden, Bekannten verschiedene Ansichten zu dem Thema und eine Ansicht möchte ich einmal mit euch teilen. Nina Downer ist besonders in den letzten Monaten eine wichtige Person in meinem Leben geworden, weil sie mich inspiriert und mir neue Sichtweisen und Lösungswege aufzeigt. Neben der Love of Learning Show ist sie auch Teil des aktuell statt findenden Bildungskongresses. Heute steht sie mir einmal Rede und Antwort zum Thema Freilernen und zeigt einmal mehr, dass es nicht um Belehrungen und Regeln geht, sondern um Flexibilität und Mut zum “anders” sein. Freies lernen bedeutet Toleranz.

Liebe Nina, magst du dich und deine Familie einmal kurz vorstellen?

Ich bin 33 Jahre alt und komme ursprünglich aus der Nähe von München. Vor knapp 12 Jahren lernte ich meinen Mann in seinem Heimatland Panama kennen. Anfang 2006 wurde unser ältester Sohn geboren, Ende 2007 folgte der zweite und im Frühjahr 2011 kam unser dritter Sohn zur Welt. Bis 2013 haben wir insgesamt 2,5 Jahre in Panama und 6,5 Jahre in Deutschland gelebt – irgendwie gelang es uns einfach nicht den wirklich passenden Ort mit der passenden Lebensweise für uns zu finden. 2013 haben wir uns dann noch einmal ganz bewusst für Panama entschieden und seitdem sind wir nun hier auf der Insel Bastimentos und gestalten uns selbst ein weitmöglichst freies und selbstbestimmtes Leben. Das kann manchmal ziemlich anstrengend sein, wir finden aber, dass (momentan) die Vorteile für uns alle überwiegen und haben uns deshalb dazu entschieden (erstmal) hier zu bleiben.

Wie kamst du zum Thema Freies Lernen und was waren deine ersten Berührungspunkte?

Mit der Entscheidung wieder nach Panama zu ziehen kam zwangsläufig die Frage nach der passenden Schule auf, da unser ältester Sohn inzwischen schulpflichtig war und wir als Eltern damals kein anderes Bildungskonzept als Schule kannten. In Deutschland hätten wir uns wohl für eine Montessori-Schule entschieden, an unserem Ort in Panama gibt es jedoch keine. Bei meinen Recherchen zum Thema kam ich dann ziemlich schnell über Homeschooling mit dem Freilernen (Unschooling) in Berührung und war sofort fasziniert davon. Ich las stundenlang im Internet darüber und besorgte mir 2 Bücher in denen aus dem Alltag von Unschooling-Familien erzählt wurde. Da gab es Kinder, die hauptsächlich ihren Interessen nachgingen, ihren Alltag weitgehend selbstbestimmt gestalteten und wenn sie Fragen hatten und Hilfe benötigten diese von ihren Eltern oder anderen Erwachsenen (Mentoren) bekamen. Dadurch lernten sie das eigenständige Lernen und ihr Selbstvertrauen und auch ihre Selbsteinschätzung wuchsen enorm. Das alles fühlte sich für mich sehr stimmig an und lies mich auch zunehmend die Grenzen und Nachteile von Schule erkennen. Nach mehreren langen Gesprächen mit meinem Mann beschlossen wir schließlich den Versuch zu wagen und unsere Söhne in Panama freilernen zu lassen. Und so startete unser Abenteuer freies Lernen.

Wie sieht ein normaler Freilernertag bei euch aus?

Wir gestalten unsere Tage zusammen als Familie sehr spontan. Wir gehen gerne an den Strand zum schwimmen, surfen oder angeln. Ein- bis zweimal die Woche fahren wir auf die nahegelegene Hauptinsel zum Einkaufen oder um anstehende Dinge zu erledigen. Manchmal treffen wir uns mit Freunden oder Verwandten und manchmal bleiben wir einfach zu Hause und jeder macht einfach irgendwas (das kann auch durchaus mal gar nichts tun oder Langeweile haben sein). Manche Sachen unternehmen wir zu fünft, andere in den unterschiedlichsten Konstellationen der einzelnen Familienmitglieder. Unser Dorf ist autofrei und somit verbringen die Jungs auch viel Zeit ohne uns Eltern und spielen mit ihren Freunden, gehen auf Erforschungs-Touren, sind mit Werkzeug an Projekten beschäftigt oder kümmern sich um unsere Haustiere. Wir vermieten 3 Zimmer bei uns am Haus und betreiben eine kleine Saftbar. Bei dieser Arbeit unterstützen uns die Kinder oft. Dadurch haben sie gelernt, wie man ein Geschäft betreibt, wie man mit Kunden umgeht und auch dass man dafür sorgen muss, dass noch genug Zeit für die Familie bleibt. Mittlerweile haben sie auch schon ihr eigenes Business gegründet und bieten kleine Dschungel-Touren für Touristen an. Das freie Lernen passiert einfach dazwischen, dabei und danach immer dann, wenn sie etwas interessiert.

Welche Vorteile siehst du für euch einzeln und als Familie durch das freies Lernen?

Dadurch, dass wir eine multikulturelle Familie sind und durch den häufigen Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Ländern, wachsen unsere Kinder vielsprachig auf. Das ist natürlich eine enorme Bereicherung für sie und ich denke, dass ihnen dadurch auch in Zukunft das Erlernen fremder Sprachen leichter fallen wird. Das ist ein positiver Effekt beim freien Lernen. Wir genießen es, dass wir durch unsere Lebensweise so viel Zeit zusammen als Familie verbringen können und gleichzeitig versuchen wir auch dafür zu sorgen, dass jeder genug Abstand und Auszeit bekommt, wenn er sie gerade braucht. Das ist nicht immer einfach, aber es ist ein Prozess der unserer Familie gut tut und durch den wir alle in den letzten 2,5 Jahren sehr gewachsen sind. Freies Lernen ist am Ende auch ein wenig Lebenseinstellung.

Wie würdest du denn Defizite definieren wenn du deine Kinder mit anderen, die zur Schule gehen, vergleichen würdest?

Das größte Defizit im Vergleich freies Lernen zum Lernen in der Schule finde ich persönlich, dass selbstbestimmtes und freies Lernen oft nicht wirklich offensichtlich ist. Es gibt ja keine (Haus-)Aufgaben oder Prüfungen, die absolviert werden müssen und es gibt auch keine Einteilung in einzelne Fächer oder Jahrgangsstufen. Das Lernen ist eher etwas, das als Nebenprodukt passiert, während der junge Mensch seinen Interessen nachgeht und sein Leben lebt. Und das ist bei jedem individuell und oft nicht auf einen Blick erfassbar. Bei vielen Sachen herrscht die Denkweise vor, dass es sehr lange dauert das zu erlernen und viel Üben benötigt. Oft ist das aber gar nicht so. In der Schule wird halt viel Zeit auf bestimmte Themen verwendet, weil es viele Schüler in der Klasse gibt, die das gleiche Thema oder die gleiche Fähigkeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten begreifen oder erlernen. Außerdem muss der Schultag ja mit irgendetwas gefüllt werden. Aber selbst Lesen oder Bruchrechnen sind Dinge, die in sehr kurzer Zeit verstanden werden können, wenn man geistig dafür bereit ist. So kann ein Kind z.B. 5 Jahre „Lesen üben“ um es dann mit 11 Jahren endlich zu „können“ (und auf dem Weg dahin wahrscheinlich die Lust daran verloren hat) oder es kann sich einfach erst mit 11 Jahren damit beschäftigen und dann innerhalb von wenigen Wochen oder sogar Tagen ein ganzes Buch lesen. Bei letzterem bleibt dem Kind sehr viel Zeit sich mit Sachen zu beschäftigen die es interessieren (anstatt Lesen üben zu müssen) und sein Selbstvertrauen wird denke ich auch größer sein.
Im Vergleich mit gleichaltrigen Schulkindern haben unsere Jungs mit Sicherheit „Wissenslücken“. Sie suchen es sich halt selber aus mit was sie sich beschäftigen und folgen dabei keinem vorgegebenem Lehrplan. Gleichzeitig denke ich, dass sie andere Dinge wissen und können, die gleichaltrige Schulkinder wiederum noch nicht kennen. Das finde ich aber auch überhaupt nicht schlimm – wer weiß schon alles? – vor allem in dieser schnelllebigen Informationsgesellschaft. Ich finde es wichtig, dass sie wissen wie sie sich Informationen zu einem bestimmten Thema suchen können und wie sie beurteilen können, welche Quellen vertrauenswürdig sind bzw. welche Eigeninteressen eventuell hinter den zur Verfügung gestellten Informationen stecken. Deshalb versuchen wir gemeinsam Antworten auf sich ergebende Fragen zu finden und den Umgang mit dem Internet zu erforschen.

Glaubst du, es gibt Unterschiede zur sozialen Kompetenz von Freilernen und Schulgängern?

Im Bereich soziale Kompetenz sehe ich keine Defizite sondern eher Vorteile für unsere Kinder, weil sich ihre Kontakte und Freundschaften nicht auf eine Altersgruppe beschränken sondern sehr vielfältig sind. Durch den Umgang mit Menschen aller Altersstufen erlernen sie, wie man miteinander umgeht und sich in einer Gruppe verhält, damit es allen gut geht.
Natürlich gibt es auch in unserer Familie mal Streit und Unzufriedenheit, wie in allen anderen auch. Manchmal gelingt es uns diese Situationen als Chance zum Lernen wahrzunehmen und besprechen hinterher in einer Art „Familienkonferenz“ wie es jedem Beteiligten dabei ging und welche Lösungsansätze es gibt. Manchmal läuft es nicht so und das ist dann auch ok. Ich finde man darf nicht zu streng mit sich selbst sein und keine zu hohen Erwartungen haben.
Niemand ist perfekt – weder Familien die neue Wege gehen noch Familien die altbekannte Wege gehen. Wir sind alle nur Menschen und das ist auch gut so 🙂 Das Wichtigste ist meiner Meinung nach die wertfreie Offenheit und Toleranz gegenüber denen, die andere Wege gehen als man selbst. Es ist doch schön gegenseitig von einander zu lernen und sich zu inspirieren!

Ich danke dir sehr Nina für den kleinen Einblick in deine Welt

In Anlehnung an diesen Beitrag möchte ich für alle Interessierten einmal den Bildungskongress erwähnen, der aktuell noch kostenfrei einsehbar ist. Dort kannst du noch viele weitre Meinungen zum Thema Freilernen hören und den Weg, den verschiedene Familien für sich gegangen sind. Freies Lernen wird in Deutschland immer noch strafrechtlich verfolgt und das zwingt viele Familien, die sich für das freie Lernen entschieden ins Ausland. Mir persönlich ist es nicht wichtig, ob mein Kind Diplomingeneur, Zimmermann oder Medizinmann im afrikanischen Hinterland wird. Im Zeitalter der Fernschulen ist ein Abschluss, der zur Hochschule qualifiziert von überall auf der Welt möglich und die These, meinem Kind wird die Chance auf einen qualifizierten Abschluss genommen, erübrigt sich damit. Am Ende entscheidet aber mein Kind, welchen Weg es gehen möchte. Für mich bedeutet freies Lernen auch eigene Ziele zu definieren und selbstständig dafür zu kämpfen/arbeiten/lernen und auf diesen Weg kann ich mein Kind begleiten. Freies lernen bedeutet Toleranz. Dabei geht es in erster Linie darum, alle Wege zu respektieren, die auf uns auch noch so anders wirken können, so lange wir  die Grenzen unserer Mitmenschen erkennen. Eine Ideologie seinen Kindern aufzudrängen, ist am Ende aber nicht im Sinne der Freilerner und manchmal geht es eben auch darum, seine eigene angelernten Muster zu hinterfragen und neu zu definieren.

Hier gibt es noch eine Sammlung an weiterführenden Links

Stephi
Alleinerziehend.Reisesüchtig.Freiheitsliebend.Alternativ.

10 Comments

  1. Ein sehr interessanter Einblick in euer Leben. Ich frage mich aber dennoch, wie das mit dem Lernen erfolgreich funktionieren kann, wenn gar niemand nachfragt was das Kind an Tag x gelernt hat und was es noch üben soll. Und geht es im Leben nicht nur darum, dass wir uns nicht nur die Rosinen raus suchen? Versteh mich nicht falsch, mir gefällt die Idee des Freilernens und ich glaube auch, dass vieles daran wichtig ist aber brauchen die Kinder nicht auch Dinge, die sie lernen müssen auch wenn es ihnen nicht gefällt?

    1. Hallo Kerstin, danke für Deinen Kommentar. Ich kann Deine Zweifel gut nachvollziehen, mir ging es am Anfang ganz ähnlich. Zu deinen Anmerkungen kommt mir folgendes in den Sinn:

      1. Ich denke es geht nicht wirklich darum sich die Rosinen rauszupicken, sondern um den Unterschied zwischen innerer und äußerer Motivation. Äußere Motivation sind gute Noten, Lob, Anerkennung, das Bestehen einer Jahrgangsstufe oder auch andersrum ausgedrückt die Angst vor Strafen und Abwertung. Innere Motivation hat mit dem Erreichen eines selbstgesetzten Ziels zu tun. Dabei kann der Weg bis zum Erreichen des Ziels durchaus auch anstrengend sein und man stößt vielleicht auf unerwartete Schwierigkeiten oder muss einsehen, dass der gewählte Weg nicht zum Ziel führt und sich einen neuen Plan zurechtlegen. Bei kleinen Kindern sieht man das z.B. wenn sie alleine versuchen aus Bauklötzen einen Turm zu bauen und trotz Rückschlägen immer wieder weitermachen bis sie es geschafft haben. Oder sie holen sich Hilfe oder geben vielleicht auch frustriert und wütend auf, um es später nochmal zu probieren.
      Mit steigender Erfahrung und der Ausbildung von Logik wird den Kindern dann immer klarer, dass sie um bestimmte Ziele zu erreichen, bestimmte Aufgaben bewältigen müssen. Freilerner-Familien leben ja nicht in einem luftleeren Raum und Jugendliche wissen, dass es Schulen gibt und Schulabschlüsse und Ausbildungen und Universitäten und dass man für bestimmte Berufe einen vorgegebenen Weg gehen und somit auch den dazugehörigen Stoff lernen muss. Für andere Berufe braucht man das vielleicht nicht, aber man muss sehr gut in einem bestimmten Gebiet sein und sehr viel üben, was ja auch ein hohes Maß an Selbstdisziplin erfordert. Aber das kommt dann eben aus innerem Antrieb und deswegen ist man dann auch eher bereit Dinge dafür zu tun, die einem nicht unbedingt Spaß machen, wenn man das selbstgewählte Ziel vor Augen hat.

      2. In Bezug auf manches Lernbare herrscht die Denkweise vor, dass es sehr lange dauert und dass viel Üben dafür benötigt wird, obwohl das gar nicht unbedingt stimmt. In der Schule wird halt viel Zeit auf bestimmte Themen verwendet, weil es viele Schüler in der Klasse gibt, die das gleiche Thema oder die gleiche Fähigkeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten begreifen oder erlernen. Außerdem muss der Schultag ja mit irgendetwas gefüllt werden. Aber selbst Lesen oder Bruchrechnen sind Dinge, die in sehr kurzer Zeit verstanden werden können, wenn man geistig dafür bereit ist. So kann ein Kind z.B. 5 Jahre lang „Lesen üben“ um es dann mit 11 Jahren endlich zu „können“ (und auf dem Weg dahin wahrscheinlich die Lust daran verloren hat) oder es kann sich einfach erst mit 11 Jahren damit beschäftigen und dann innerhalb von wenigen Wochen oder sogar Tagen ein ganzes Buch lesen. Bei letzterem bleibt dem Kind sehr viel Zeit sich mit Sachen zu beschäftigen die es aktuell interessieren (anstatt jahrelang Lesen üben zu müssen) und sein Selbstvertrauen wird denke ich auch größer sein.

      3. Echtes Lernen kann nur funktionieren wenn man mit Begeisterung dabei ist. Und dann passiert es quasi nebenbei. Ich finde der Neurobiologe Gerald Hüther erklärt das in seinen Vorträgen (die man auf youtube finden kann) wunderbar. Und wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, dann wird mir bewusst, dass ich zum allergrößten Teil die Dinge behalten habe, für die ich ein starkes Interesse hatte oder wo ich einen Lehrer hatte, der es geschafft hat eine echte Beziehung zu den Schülern aufzubauen. Alles andere hat man doch eh meistens spätestens nach ein paar Wochen vergessen. Interesse an einem Thema und das Vorhandensein von positiven Emotionen ist also eine Grundvoraussetzung für nachhaltiges Lernen. Und da jedes Kind als soziales Wesen auf die Welt kommt, ist es auch daran interessiert zur Gemeinschaft (Familie, Gruppe etc.) beizutragen und diese zu bereichern, auch wenn man sich dafür an Regeln halten muss, die einem selbst nicht unbedingt zusagen. Das mag nicht jedem gleich auf Anhieb gelingen, sondern ist ein mehr oder weniger langer Lernprozess, aber wenn man jedem Kind den angeborenen Willen zur Kooperation zuspricht, dann kann man diesen Weg des Lernens gemeinsam im individuellen Tempo gehen anstatt dem Kind etwas von außen aufzwängen zu wollen und damit womöglich Stress, Frustration und Abwehrhaltung auszulösen.

      Dies sind meine Gedanken dazu, falls du noch weitere Fragen hast, lass es mich gerne wissen.
      Herzliche Grüße, Nina

      1. Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Den Aspekt der eigens gesetzten Ziele habe ich tatsächlich völlig außer Acht gelassen. Ich danke dir für einen Richtungswechsel meiner Sichtweise.

  2. Hallo Stephie, meine kleine ist zwar erst 17 Monate alt und dennoch interessiert mich dieses Thema schon sehr, zumal ich überzeugt bin, dass es nicht nur einen richtigen Weg gibt. Wenn Eltern sich mit den unterschiedlichsten Lernwegen auseinandersetzen, ist das nur begrüßenswert weil sich dadurch ein vielleicht veraltetes und verstaubtes Schulsystem ändern kann. Man lernt nie aus…
    Vielen Dank für diesen spannenden Beitrag und alles gute

  3. Ich bin der Meinung, dass das sogenannte freie Lernen vielleicht dem Lernerfolg zugute kommt aber nicht das wahre Leben wieder spiegelt. Ich stelle mir grad eine Welt vor, wo jeder das macht worauf er grad Lust hat. SPOOKY. Das Leben ist kein Ponyhof und das sollten auch Kinder schon merken. Also nach meiner Auffassung kann das freie Lernen nicht die Gesellschaftsregeln ersetzen, die sich aus der Zusammenkunft einer großer Gruppe ergeben mit unterschiedlichsten Interessen. Mag sein, dass das im Dschungel von Panama eine gute Wahl ist aber in einer deutschen Großstadt? Ich weiß nicht….

    1. Hallo Holger, danke für Deinen Kommentar.

      “Das Leben ist kein Ponyhof” ist tatsächlich eins der Hauptargumente gegen das selbstbestimmte freie Lernen. Mir stellt sich da die Frage, wer bestimmt, dass das Leben kein Ponyhof ist und ob es nicht vielleicht viel schöner wäre, wenn man mehr “Ponyhof” in sein Leben lassen würde. Vielleicht gäbe es dann deutlich weniger Menschen, die frustriert sind oder an Burnout und Depressionen leiden.
      Was findest du denn so “spooky” daran, wenn jeder das macht wozu er Lust hat. Meinst du nicht, dass die Menschen dann insgesamt glücklicher wären? Meinst du alles würde zusammenbrechen weil alle nur zuhause vor dem Fernseher sitzen und nichts tun oder es gäbe gar Mord und Totschlag? Ich glaube das ehrlich gesagt nicht und auch Projekte wie z.B. die Verlosung von bedingungslosen Grundeinkommen haben gezeigt, dass den meisten Menschen (eventuell nach einer gewissen Zeit der Neuorientierung und (Wieder-)Verbindung mit der eigenen Intuition) wunderbare Sachen einfallen, die sie tun möchten, wenn sie die freie Wahl dazu haben.

      Ich glaube auch nicht, dass es der Sinn des freien Lernens ist, Gesellschaftsregeln zu ersetzen. Auch Freilerner leben ja nicht im luftleeren Raum, sondern sind Teil einer Familie, eines Freundschaftskreises und der Gesellschaft an sich. Und da jedes Kind als soziales Wesen auf die Welt kommt, ist es meiner Meinung nach auch daran interessiert zur Gemeinschaft beizutragen und diese zu bereichern, auch wenn man sich dafür an Regeln halten muss, die einem selbst nicht unbedingt zusagen. Das mag nicht jedem gleich auf Anhieb gelingen, sondern ist ein mehr oder weniger langer Lernprozess, aber wenn man jedem Kind den angeborenen Willen zur Kooperation zuspricht, dann kann man diesen Weg des Lernens gemeinsam im individuellen Tempo gehen anstatt dem Kind etwas von außen aufzwängen zu wollen und damit womöglich Stress, Frustration und Abwehrhaltung auszulösen.

      Klar hast du recht, das Leben im Dschungel von Panama ist ein anderes als in einer deutschen Großstadt. Aber wenn man sich mal weltweit umsieht, dann merkt man, dass es in fast allen Ländern der Welt Freilerner (unschooler) gibt, auf dem Land ebenso wie in Millionen-Städten. Und die große Mehrheit von ihnen scheint auch als Jugendliche und Erwachsene gut zurechtzukommen. Wie oben schon gesagt, leben Freilerner ja nicht in einem Vakuum, sondern haben Berührungspunkte mit vielen verschiedenen Menschen in ihrer Umgebung. Und dadurch lernen sie, sich zurechtzufinden und auch anzupassen, wenn dies sinnvoll und nötig ist.

      Ich selbst sehe das Freilernen nicht als ein Abwenden von der Gesellschaft und dem Umfeld, sondern viel eher als ein Spüren und Erleben dessen, dass man selbst Teil eines größeren Ganzen ist, in dem jeder Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten willkommen ist und sowohl Freiheit als auch Unterstützung erfährt, zur Entfaltung dessen, was in jedem Einzelnen angelegt ist.

      Herzliche Grüße, Nina

  4. Ein wirklich schöner Beitrag und endlich mal ein kleiner Blick hinter die Kulissen. Auch ich “erziehe” meine Tochter frei und tendiere zum freien Lernen. Wir haben noch drei Jahre Zeit aber ich hoffe sehr, dass sich das Schulsystem bis dahin reformiert und ich nicht nur wegen der Schulpflicht das Land verlassen muss. Es sollte auch generell die Wahl geben, sich frei zu entscheiden.
    lieben Gruß Natascha

    1. Liebe Natascha, das wünsche ich dir und allen anderen die diesen Weg gehen möchten auch sehr – dass Bildungsfreiheit auch in Deutschland endlich Realität wird! LG Nina

      1. Jeder hat die Freiheit, die er sich selbst zugesteht!

        Auch in “Deutschland” kann jeder tun was er will, wenn er nicht dieses gleiche Recht eines anderen beschneidet!
        Wer weiß was er will und die s.g. “Erstverschlechterung” übersteht, der setzt sich auch in “Deutschland” durch und ist frei! (In Konsequenz heißt das aber auch: keine Krankenkasse, keine Rente, keine Sozialleistungen , kein Kindergeld, …)

        Diese Kinder haben Erziehung und Schule hinter sich gelassen, ohne ins Ausland zu flüchten, ohne sich zu verstecken, standhaft und zielstrebig, mitten in Dresden

        http://www.aaa-mitdir.de/19.html

        und so kann es für alle funktionieren:

        http://www.aaa-mitdir.de/3.html

        Liebe Grüße aus Dresden

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