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Reisen. Was treibt mich an?

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Reisen. Was treibt mich an?

Warum ich alleine mit Kind reise?

Reisen? Was treibt mich an? Diese Frage stellte sich kürzlich Ellen von PATOTRA und hat damit zur Blogparade aufgerufen. Hast du dich auch schonmal gefragt warum einige Menschen lieber in vertrauter Umgebung verweilen während andere viel lieber in fremde Kulturen fernab der Heimat eintauchen? Warum haben einige die sprichwörtlichen Hummeln im Hintern, sind rastlos und voller Tatendrang und andere glücklich mit dem Gefühl von Sicherheit, einer vertrauten Umgebung in greifbarer Nähe und wiederkehrenden Erfahrungen? Die Antwort ist so vielfältig wie der Mensch selber. Mit diesem Beitrag möchte ich einmal mehr, Emotionen aufzeigen, die ich mit dem Reisen verbinde.


Ich erzähle dir eine Geschichte

Heute sind wir mit dem Taxi gefahren, lange haben wir das nicht mehr getan aber der Monsun in Malaysia ließ uns keine Wahl. Ein älterer Malay mit trüben Blick schafft unseren Rucksack in den Kofferraum. Wir kommen ins Gespräch, er wirkt traurig und es dauert keine 5 Minuten bis ich den Grund erfahre. Seine Freundin hat ihn verlassen, 5 Tage ist es her. Seitdem kann er nicht mehr schlafen und nicht mehr essen. Er ist ein gebrochener Mann sagt er. Er stammt aus einer islamischen Familie mit einem hohen Maß an religiösen Druck. Bereits als Kind habe er gemerkt, er passt nicht in diese Welt und er hat für sich entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Die Anforderungen, die seine Familie und auch die Familie seiner Freundin an ihn hatten waren aber am Ende zu groß und er fühlte sich immer mehr gefangen. Er zog sich zurück, spielte eine Rolle, die er gar nicht erfüllen konnte und am Ende brach er unter dem Druck zusammen. Er war nicht stark genug, seine Freundin nach traditionellen Bräuchen anderswertig zu behandeln. “Ich kann sie nicht ansehen, ohne sie auf Händen tragen zu wollen. Sie hat soviel mehr verdient als nur das”, sagt er fast verstummend. Ich sitze hinter ihm und auch ohne einen Blick weiß ich, er beginnt zu weinen. Dieser Mann, dessen Namen ich nicht kenne ist gefangen in familiären Zwängen, die ihn klein machen. Er fragt mich um Rat, verlangt nach dem westlichen Weltbild und offenbart mir seine Ängste, Sorgen und Nöte. Wir wissen beide, dieses Gespräch hätte nie statt gefunden, wenn wir uns kennen würden.

Was also treibt mich an zu reisen?

Genau das treibt mich an.
Es sind die Begegnungen, die mich inspirieren, die mir Geschichten erzählen, die mir Verständnis, Weltoffenheit und Mitgefühl lehren. Geschichten, die mich berühren, die mich schockieren, die mich erfreuen. Ich liebe die Begegnungen mit all den Menschen auf unserer Reise. So wie ich jetzt dir die Geschichte des alten Mannes erzähle, erzählt er vermutlich von der alleinerziehenden Mutter aus Deutschland, die einfach so ausgestiegen ist, weil sie ihrem Sohn die Freiheit lehren will, weil sie sich selbst nicht mehr gesellschaftlichen Zwängen unterwerfen wollte. Und genau so schreiben wir Geschichte und es verbreiten sich Ideen, die wir einmal von einen anderen Blickwinkel betrachten können. Es geht nicht darum wer wir sind oder wer wir zu glauben scheinen, es zählt nur der Moment, der uns die Chance gibt, die Welt von einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Und diese Begegnungen sind gerade deshalb so magisch weil wir vermutlich nie mit der gleichen Offenheit einem Freund aus unserer gewohnten Umgebung unser Leben so auf dem Silbertablett servieren würden. Zu groß ist die Angst oder auch die Scham aber einem vermeintlich Fremden erzählen wir alles.

Ich bin süchtig nach Herzensgeschichten

Ja, süchtig nach mehr Begegnungen, nach mehr Geschichten, die mich inspirieren. Ich reise anders als es der Durchschnitt tut, ich tauche ein, suche den Kontakt zur Kultur und will sie verstehen lernen. Kein Geld, kein Hotel und kein Luxus der Welt könnten mir diese Begegnungen ersetzen, die mein Herz berühren und mir die Chance geben, andere Wege kennen zu lernen. Ich trage sie alle in meinem Herzen. Die taffe Russin, die sich im tiefen Dschungel von Thailand eine Wunde selbst näht, den Farmer, der sich ein kleines Paradies aufbaut fernab von allem, den französischen Künstler, der seit Jahren andere Wege geht und seine Familie damit ernährt, die argentinische Familie, die seit zehn Jahren auf Weltreise ist und täglich ums Überleben kämpft, die schüchterne Malayin, die heimlich ihren Traum von Freiheit verfolgt, die junge Australierin, die schon als Kind mit ihren Eltern durch die Welt gereist ist, die herzensgute Thailänderin, die uns immer wieder ein “Zuhause” bietet, die alleinerziehende Philippina, die sich mit dem Rücken zur Wand durch gesellschaftliche Normen boxt, die rastlose Schweizerin, die seit über 20 Jahren auf Reisen ist, den kiffenden Tuk Tuk Fahrer, der versucht sein Schicksal als viel zu früh gewordener Vollwaise zu akzeptieren und all die anderen vielen Geschichten, die mir unterwegs begegnet sind. Am Ende ist es nicht der Ort, der mir in Erinnerung bleibt, sondern die Menschen, denen ich dort begegne und genau das treibt mich an zu reisen. Ich bin süchtig nach mehr davon.

Stephi
Alleinerziehend.Reisesüchtig.Freiheitsliebend.Alternativ.

4 Comments

  1. Stephie, ich kann mich bei diesem Artikel fast überall wiederfinden. Ich kann dich verstehen, voll und ganz. Ich bin nun noch nicht mal 1 Monat zuhause schon plane und überlege ich, wie ich am besten möglichst bald ein Reisebudget zusammen hab und mit Marlene wieder abhauen kann. Ich sitze abends zuhause, blättere in meinem Fotobuch und erinner mich an die Menschen, die ich in Myanmar und Thailand getroffen habe und die ich auch in mein Herz geschlossen hab. Ich vermisse die Fremde und die Ferne. Reise soviel und solange du kannst, diese Erfahrungen und Begebungen sind unbezahlbar und kann dir niemand wegnehmen…
    Fühl dich gedrückt ☺️

  2. Liebe Stefanie, genau das ist es, was ich am Reisen und überhaupt an allen meinen Lebensbereichen liebe: die Begegnungen mit Menschen.Denn genau das ist es doch eigentlich, was unser Menschenleben hier auf Erden ausmacht, oder? Die Menschen, denen wir begegnet sind und die Beziehung, die wir zu dem/der einen oder anderen geknüpft haben, die Liebe, die wir ihnen von uns gegeben haben und die wir vielleicht auch zurückbekommen haben.
    Alles Liebe dir und deinem Kindchen. Gott segne eure Begegnungen und lass sie Frucht bringen swohol in eurer beider Leben als auch in derer, denen ihr noch begegnet.
    Alles Liebe aus Griechenland,
    Nicki

  3. Liebe Stephi
    Vielen Dank für diesen allerwichtigsten Aspekt des Reisens. Auch ich liebe diese intensiven Begegnungen mit Menschen. Das sind die Momente, die mir von meinen Reisen am intensivsten in Erinnerung sind. Momente, in denen ich einem wildfremden Menschen ganz nah sein durfte, Momente, die das Herz berühren.
    Ich wünsche Dir und Deinem Sohn weiterhin viele herzliche Begenungen auf Euren Wegen!
    Liebe Grüsse,
    Ellen

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