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Was bedeutet eigentlich Couchsurfing ?

Stephi12 comments5704 views

Was ihr schon immer über Couchsurfing wissen wolltet

Couchsurfing? Was ist das überhaupt? Du schläfst bei wildfremden Menschen oder lässt sie auch noch in deine Wohnung? Bist du denn wahnsinnig? Das könnten Serienkiller sein oder sie bestehlen dich. Und hast du auch mal an dein Kind gedacht? Diese und ähnliche Kommentare habe ich oft gehört und habe sie einfach mal als Angst vor dem Unbekannten abgetan. Was bedeutet eigentlich Couchsurfing? Ich möchte mit diesem Artikel mal ein wenig Vorurteile abbauen und Unwissenheit bekämpfen. Ich selbst habe auf meiner Radreise durch Deutschland das erste Mal von Couchsurfing gehört und zuhause angekommen, habe ich mich sofort an die Recherche gemacht, ein Profil erstellt und innerhalb von 2 Stunden 20 Anfragen erhalten, ich war total überfordert.

Meine ersten Gäste waren dann zwei Mädels aus Frankfurt, beide genauso unerfahren und vorsichtig mit dem Portal wie ich und es war super. In den nächsten drei Monaten habe ich so viele Gäste aus den unterschiedlichsten Ländern gehabt, dass ich fast vergaß in welchem Land ich lebe. Ich hole mir mit diesen Menschen nicht nur absolut tolle Charaktere ins Haus, sondern auch ein Stück Urlaub, werde zum Fremdenführer in der eigenen Stadt, werde kulinarisch absolut verwöhnt und erweitere nicht nur meinen eigenen Horizont, sondern auch den meines Sohnes. Wir haben nun Freunde auf der ganzen Welt, wie beispielsweise den kolumbianischen Erasmusstudent, der mit zwei riesigen Koffern angepoltert kam, das schüchterne chinesische Aupairmädchen oder den jungen deutschen Schriftsteller, der Thriller über Organhandel schreibt und seine Inspiration aus Reiseerfahrungen in Afrika sammelt und auch den Tod nicht scheut. In Amerika wurde ich Zeugin eines doppelten Ehespiels, schlief mit Kind und 6 bekifften Surfern auf dem Boden, habe die beste Zeit meines Lebens, ich lernte die Mutter einer schwer krebskranken Frau kennen, die all ihren Besitz verkaufte, um ihr noch einmal die Welt zu zeigen. Ich traf eine Großfamilie, die das Wort Nächstenliebe erfunden hat, lernte eine Liebesgeschichte einer Frau und einen Mönch kennen, die sich ihr halbes Leben verstecken, ein junges Mädchen, das sich mit einen kleinen Rucksack und kein Geld auf Europareise begibt, einen Rohköstler aus Lettland, der mit einem selbstgebauten Musikinstrument sich seinen Traum vom Reisen erfüllt. Ich könnte noch ewig weiter erzählen, denn die Liste der Menschen, die mein Leben so bereichert haben, ist endlos.

Nun einmal zu den Fakten, Couchsurfing ist ein kostenloses Portal, auf das sich jeder registrieren kann und dann weltweit nach Einheimischen suchen kann, die einen Schlafplatz zur Verfügung stellen. Das ganze ist kostenlos, sollte aber nicht der Hauptgrund für die Nutzung sein. Viel mehr gilt es als eine Art interkultureller Austausch, man ist nie wieder einfach nur Tourist,sondern lebt einen Moment mit den Gastgebern ihr Leben und das ist eine sehr bereichernde Erfahrung, man erhält die besten Informationen über die Region, kostenlose Führungen und länderspezifisches Essen.

Idealerweise macht ihr euer Profil so aussagekräftig wie möglich, denn man selber will ja auch wissen, mit wem man es zu tun hat, unterstützt wird das später dann noch durch die Referenzen, die man von seinen Gästen oder Gastgebern erhält. Ihr müsst euch beim Anmelden nicht via Kreditkarte verifizieren lassen, auch wenn das empfohlen wird. Es kann dann zwar passieren, dass ihr als Nichtzahler eine niedrigere Trefferquote beim Suchen und Gesucht werden erhaltet, aber das relativiert sich dann nach ein paar Referenzen und mehrmaligen Suchen.

Mit Kind war mir immer wichtig nicht bei zu jungen Leuten zu sein, die sich eventuell durch frühes Aufstehen gestört fühlen. Im besten Fall habe ich Familien als Gastgeber gefunden oder alternativ Leute über 30, aber auch bei den Jüngeren hatte ich nie Probleme.

Wie muss der perfekte Gast sein? Mit dem Thema habe ich mich lange beschäftigt, sowohl als Gast und auch als Gastgeber.

Meine Definition dafür lautet wie folgt: Der perfekte Gast…

  • …macht sich unsichtbar, soweit es irgendwie geht und ist präsent, wenn es gewollt ist. Gepäck und andere Dinge möglichst in eine Ecke packen, wo es niemanden stört und nicht gleich ins Auge fällt, alles Benutzte sofort beseitigen, im Haushalt unaufgefordert helfen und am Abend für Gespräche offen sein.
  • … bringt durch seine Geschichten Urlaub mit ins Haus, verzichtet auf die obligatorische Flasche Wein als Mitbringsel und kocht stattdessen etwas länderspezifisches oder erzählt über Sitten und Bräuche aus der Heimat.
  • …respektiert das fremde Eigentum in höchster Form und geht auch mit den Ressourcen sparsam um, also keine täglichen 30minütigen Duschen oder heruntergeschmissene Gläser.
  • …ist gegebenenfalls diskret und hält sich aus familiären Auseinandersetzungen raus. Am besten schaut man, ob man als Außenstehender schlichten kann, indem man einfach den Fokus auf ein neues Thema lenkt, das alle begeistert.
  • …zeigt seinen Dank durch ehrliche Worte und einer angemessenen Verabschiedung. Niemals einen Zettel hinterlassen oder gar wortlos verschwinden.
  • …lässt kein Geld da, es sei denn, es ist gefordert für etwaige Nebenkosten. In der Regel erwartet niemand eine direkte Gegenleistung. Man erfährt Gastfreundschaft und gibt sie dann an anderer Stelle weiter, das ist das simple Prinzip und fügt sich am Ende als großes Ganzes zusammen.

Ich kann jetzt nur von meinen Erfahrungen berichten und ich sage euch, ich lebe noch, wurde noch nie ausgeraubt und auch nicht verkauft, in Stücke geschnitten oder sonst irgendwas. Es gibt sicher ein paar Leute, die Couchsurfing auch als Partnerbörse nutzen und tatsächlich habe ich auch schon viele Paare kennen gelernt, die sich über das Portal nicht nur kennen, sondern auch lieben gelernt haben, aber ich selbst hatte noch keine Probleme, auch nicht mit Kind. Abschließend sei noch einmal gesagt, dass man für fremde Menschen offen sein muss, denn sie treten in dein Leben für einen Moment lang. Wer diesen Schritt aber wagt und dafür offen ist, erlebt die aufregendsten Bekanntschaften und teilt tolle Reiseberichte, denn das verbindet uns Traveller doch am Ende alle.

Stephi
Alleinerziehend.Reisesüchtig.Freiheitsliebend.Alternativ.

12 Comments

  1. Hallo Steffi!

    Couchsurfing ist eine tolle Sache und definitiv auch mit einem kleinen Kind möglich! Man muss nur vorher schon genau aufpassen, wen man anschreibt und gleich fragen, ob ein turbulentes Kind ok ist 😉 wir haben Couchsurfing in Japan das erste Mal ausprobiert, aber leider sind die Japaner wohl nicht so offenherzig, wenn es darum geht, Fremde in die eigene Wohnung zu lassen. So sind wir in Japan am Ende bei einem Engländer, einem Peruaner und einem Bengali untergekommen 😀

    Für Fahradtouren kann ich dir übrigens warmshowers.org sehr ans Herz legen – ist vom Prinzip her wie Couchsurfing, aber ausschließlich für Radreisende. Die Leute dort sind meist flexibler, da man ja mit dem Fahrrad nie so genau weiß, wann man wo ist 🙂 und haben einfach faszinierende Radtour-Stories auf Lager. Wir waren in den Niederlanden bei einem Rentner-Ehepaar, die schon lange Radreisen unternehmen und immer noch aktiv sind, die hatten echt schon fast die ganze Welt erradelt!

    Viele Grüße
    Christin

    1. Liebe Christin,
      ja Couchsurfing ist wirklich toll, besonders toll mit Kind war es für mich in Amerika, aber auch überall sonst war es sehr unproblematisch. Was Japan angeht hab ich leider noch keine Erfahrungen. Warmshowers hab ich bisher noch nicht genutzt, aber das mit der Flexibilität hört sich spitze an, denn es ist schon manchmal stressig die nötigen Kilometer abzuradeln. Danke für den Tip. Ich beobachte euren Blog mit einer großen Neugierde. Wer weiß, wo sich wann unsere Wege mal kreuzen 😉
      Viele Grüße nach Japan
      Steffi

  2. Hallo Stefanie und Jannik,

    toll daß es jetzt eine Seite von Euch gibt. Denn so erfahren wir immer mal wieder, was Ihr so macht. Ihr seid tolle couchsurfing-Gäste gewesen und wir würden uns freuen, wenn Ihr uns irgendwann einmal wieder besuchen kommt.

    Viele Grüße auch von allen Hühnern, Hasen und Schafen

    Jörg&co

    1. Hallo Jörg,
      wie schön von dir zu hören. Wir wollen ganz sicher bald nochmal vorbei kommen. Es war wirklich sehr schön mit euch und Jannik wünscht sich auch ein Wiedersehen.
      Liebste Grüße von Jannik und mir

    1. Super, du wirst bestimmt tolle Erfahrungen machen. Ich war noch nicht in Afrika aber ich weiß, dass du vor Ort ganz bestimmt auch gute Möglichkeit finden wirst, dich miteinzubringen und Voluntierarbeit zu leisten. Ganz viel Spaß in Afrika

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